Die sieben Schwestern

 

Am Rhein unterhalb dem Pfalzgrafenstein steht eine hochragende Burgtrümmer, Schloß Schönburg. Darauf sollen sieben so schöne Ritterfräulein gewohnt haben, daß ihre Schönheit selbst dem Schlosse, darinnen sie lebten, den Namen lieh. Aber die Fräulein, welche sieben Schwestern waren, so groß ihre Schönheit war, so kalt und gefühllos waren sie gegen die Minne. Keines Ritters Bewerbung erhörten sie, einen Freier nach dem andern wiesen sie ab, manches junge edle Herz brach an den Felsenherzen der sieben schönen Schwestern. Aber das Geschick beschloß ihre Strafe. Eines Tages landete ein Nachen unten am Fuße des Berges, darinnen sieben herrliche Jünglinge saßen, in ritterlicher Tracht und von vornehmen Gebaren. Sie kamen zur Burg, sie stellten sich den Fräulein dar, sie warben um Herzen und Hände. Es war vergebens, die sieben Schwestern blieben kalt.

Mit einem Male verdunkelte sich der Himmel, eine höllische Musik ertönte, die Jünglinge umschlangen die sieben Schwestern, jeder eine, wie zum Tanzreigen, und schwangen sie tanzend und drehend aus der Burg hinab in den Strom hinein, der stürmisch unter Donnern und Blitzen wogte.

Als es wieder hell und friedlich am reizenden Stromesufer geworden war, siehe, da ragten sieben Felsenspitzen aus dem Strome, in diese waren die Jungfrauen mit den Felsenherzen zur Strafe ihrer unnatürlichen Härte verwandelt. Größere Flut überwogt sie, kleinere läßt sie Sichtbar werden. Die Rheinschiffer kennen sie unter dem Namen der sieben Jungfern und haben unter sich die Sage: Wenn einst ein Mächtiger diese Felsen im Strombette enthübe und sie zu Säulen einer Betkapelle am Ufer bilde, so würden die Jungfrauen erlöst werden, wieder auf die sich erneuernde Burg zurückkehren und jede nach der jahrhundertelangen harten Buße einen Mann beglücken.

 

- Quelle: Bechstein 1853, Nr. 94
- Sagen der Rheinlande, Gesammelt und herausgegeben von Hans-J. Uther
- Bouvier Verlag, 1998

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